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Stuten als Quell‘ des Zuchtfortschritts

Published On: Februar 8, 2023Categories: Aktuelles, Historie

Dr. Peter Richterich (Februar 2023)

Das Hauptgestüt Trakehnen wurde in der Zeit von 1726 bis 1732 aus den Domänen-Vorwerken Bajorgallen, Birkenwalde, Guddin, Gurdszen, Jodszlauken, Jonasthal, Kalpakin und Trakehnen erschaffen. Auf diesem Areal wurde für 1100 Pferde als ausreichend betrachtet. Zur Sicherung der Futtergrundlage wurde allerdings der Zuchtmaterialbestand reduziert und in der weiteren Zeitspanne das Gelände um Mattischkehmen (1788), Vorwerk Danzkehmen (1815), Taukenischken (1819) und Burgsdorfhof (1829) erweitert. Die letzte Erweiterung erfolgte 1921 durch die Eingliederung des Remontedepots Kattenau mit seinen Vorwerken Alt- und Neu-Kattenau sowie Alt- und Neu-Budupönen.

Am Ende der Amtszeit von Graf S. LEHNDORFF konnte der Mutterstutenbestand auf 40 Gründerstuten zurückgeführt werden dieses waren 16 Original Trakehnerinnen, 10 ostpreußische Stuten, 2 englische und 2 arabische Vollblutstuten sowie 7 englische Halbblutstuten, 1 Stute aus Ansbach und 2 Stuten aus Frederiksborg. Stutfamilien können teilweise bis in die Gründerjahre des Hauptgestüts zurückverfolgt werden, was man von den Hengstlinien nicht sagen kann, da der Mutterstutenbestand der wichtigste Anteil einer gerichteten Pferdezucht bedeutet, die durch den Einsatz von Vatertieren moduliert wird.

In Trakehnen waren die Stuten nach Farben und Eignung in unterschiedlichen Herden untergebracht. Nach Etat sah man vor, dass 17 Hauptbeschäler und 335 Mutterstuten eingestellt waren. Diese verteilten sich in der gemischtfarbenen, leichten Herde in Bajorgallen, die des schweren Schlags in Jonasthal, in Gurdszen die Rappen, die braune Herde in Kalpakin, die Fuchsherde in Trakehnen und die neu gegründete Araberherde in Taukenischken. „Die hier in Trakehnen augenfällig gewordene Vereinigung von Adel, Glanz, Schönheit und Anmut, von Harmonie und Typklarheit, von Rahmen und bedeutenden Linien, von trockener Markanz der Konturen und gefällig modellierter Plastik mit nobler Haltung, vornehmen Manieren, lässiger Kraft und langen, schwingenden Bewegungen darf man wohl mit Recht in dieser Ausprägung und Ausgeglichenheit eines so umfangreichen Gestütsmaterial als einzigartig bezeichnen.

 

Anlässlich der letzten Evakuierung des Hauptgestüts Trakehnen wurde der wertvolle Stutenbestand auf größere Güter nach Schlesien, Pommern und Mecklenburg verbracht. Lediglich von den Stuten aus Perlin in Mecklenburg wurden am 30. Juni 1944 durch die Unterstützung von General Bolton (England) 28 Trakehner Stuten und zwei Hengste nach Ratzeburg überstellt. In der ersten Unterbringung im Gut Marienwohlde verendeten zwei Mutterstuten wegen deutlichem Raufuttermangel in der Nachkriegszeit und vier weitere nach 1946 in Wiemerskamp. Am 1. Oktober 1947 wurden durch die Ostpreußischen Stutbuchgesellschaft (später Trakehner Verband) die Stuten erworben. Die nur noch 17 Original Trakehner Stuten wurden in das Ostpreußengestüt Hunnesrück oder den im Kreis Plön gelegenen Gütern Rantzau und Schmoel eingestallt und der Zucht zugeführt. Neben diesen Originaltrakehner Stuten fand auch andere Stuten in den T-Familien ihre Berücksichtigung, diese waren über den Treck in den Westen gelangten, hatten aber ihren Ursprung mütterlicherseits im Hauptgestüt Trakehnen wie die Stute Peraea 832 (T4C), welche hier als Beispiel genannt sei.

Im Hauptgestüt Trakehnen wurde anlässlich der Auktionen und bei sonstigen Absatzveranstaltungen Stutenmaterial abgegeben, teilweise mit einer bindenden Erklärung zur züchterischen Nutzung. Die abgegebenen Jungstuten oder auch teilweise zuchtbewährte Stuten genügten den Ansprüchen der Preußischen Gestütverwaltung für eine weitere Nutzung im Hauptgestüt nicht waren aber wegen der hohen Qualität in der ostpreußischen und westpreußischen Landespferdezucht sehr begehrt. Für eine Mutterstute in den Vorwerken des Hauptgestüts Trakehnen war es leichter einen Landbeschäler zu stellen als eine weibliche Nachzucht in einer Stutenherde zu etablieren, so hoch waren die Ansprüche an die Mutterstuten. Die Stutenherde war immer die Garantie für einen geregelten Zuchtfortschritt in der Population. Auch die Abgabe an andere Hauptgestüte innerhalb der Gestütverwaltung sorgte für eine genetische Verteilung in Preußen.

Eine weitere Ergänzung der T-Stuten fand durch Dr. Fritz Schilke statt, welcher 19 mit NAWARRA, etc. weitere Stuten aus Liski für die Deutsche Trakehner Zucht holte. Von diesen Stuten hat nachweislich Nawarra eine bedeutende Rolle eingenommen.

 

In den so genannten T-Familien werden die Gründerstuten zusammengefasst die:

  1. Original Trakehner Stuten, welche im Hauptgestüt Trakehnen geboren wurden,
  2. Ostpreußische Stuten, welche von der preußischen Gestütsverwaltung aufgekauft wurden und im Hauptgestüt Trakehnen eine eigene Stutfamilie gegründet haben,
  3. Original Trakehner Stuten, welche durch den Hauptgestütsbrand gekennzeichnet sind aber keine bekannte Abstammung haben,
  4. Nachkommen aus Original Trakehner Stuten, die vor dem Krieg in den Westen gelangten und dort rein weitergezüchtet wurden.

 

Nicht alle in Trakehnern Geborenen Stuten konnten im Westen eine Familie etablieren. So die Stute USCHI (F, *1941 – TR) unbekannte Abstammung aber mit Hauptgestütsbrand, sie brachte mit UPHEIDI (F, *1950 – TD) v. Hamid eine Tochter, welche aber ohne Nachzucht zu hinterlassen nach Argentinen exportiert wurde. Von den Stuten bzw. Aufzuchtstuten die 1944 im Hauptgestüt Trakehnen standen und im Band VI Stutbuch des Hauptgestüts Trakehnen geführt sind konnten nur wenige eine Stutfamilie nach 1945 begründen. In der nachfolgenden Tabelle ist die Summe der Stuten aus dem Hauptgestüt Trakehnen, welche nach 1945 als Familienbegründerin fungierten, aufgeteilt nach den Herden und sortiert nach Mutterstuten und Jungstuten Jahrgang 1942 und jünger aufgeführt.

stastische Ausarbeitung Dr. Peter Richterich

Diese tabellarische Darstellung führt sehr konzentriert vor Augen, wie hoch der genetische Verlust nach 1945 war. Auch in den folgenden Jahren kam es immer wieder zu einem Verlust von Familien aus dem Hauptgestüt, auch wenn sie zu Anfang eine eigene Familie entwickeln konnten. Andere Familie wie z.B. T14 verzweigte sich in vielen bis heute aktiven Stämmen auf.

 

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